Warum Thyssen nicht nur Stahl kann und wie man eine starke Marke aufbaut und führt
Google, Amazon, Facebook, Apple – die GAFA-Gang betrifft heute jeden Menschen auf der Welt, der Zugang zum Internet hat. Ein Leben ohne diese vier Netz-Giganten ist fast unmöglich. Markenexperte Prof. Dr. Rembert Horstmann nennt dieses Beispiel, wenn er nach Marken gefragt wird, die ihn beeindrucken. Im Juni dieses Jahres hat er an der MarketingAkademie Hamburg ein Seminar über Brand Management geleitet. Ein kurzes Gespräch mit ihm und Jörg Ahrens, Marketing und Kommunikation der Bohle Group und Teilnehmer des Seminars.
Prof. Dr. Rembert Horstmann über seine Sicht als Seminarleiter...
... Herr Prof. Dr. Horstmann, wie kam es dazu, dass Sie sich so sehr mit Marken beschäftigen?
„Es begann bei ThyssenKrupp. 1999 verantwortete ich das Marketing des Edelstahl-Bereichs, als Thyssen und Krupp fusionierten. Für den neuen Konzern benötigten wir eine Kampagne, die neue Marke sollte öffentlich bekannt und positioniert werden. Bereits kurz nach der Fusion stand der Kommunikationsauftritt, der die neue Definition der Marke langfristig stärken und Industriegüter und Dienstleistungen in den Vordergrund rücken sollten. ThyssenKrupp war der Mehrheit noch immer als Stahlkonzern bekannt. Die Idee war, Kinder unserer Mitarbeiter erzählen zu lassen, was deren Eltern bei uns im Konzern geschafft haben, z.B. „Mein Papa hat die längste Fahrtreppe von Europa gebaut.“ Das Unternehmen hat so eine neue emotionale Identität erhalten, das hat mich sehr fasziniert. Ab diesem Zeitpunkt war ich von solchen Aufgaben und Themen umgeben. Zuletzt, bei Imperial Logistics, habe ich aus 40 Marken eine neue Dachmarke geschaffen – eine ebenso spannende Aufgabe!"
Wie definieren Sie selbst nach all diesen Erfahrungen Brand Management?
„Ganz einfach: Starke Marken aufbauen und diese erfolgreich führen.“
Im letzten Seminar an der MarketingAkademie Hamburg hatten Sie zwei Teilnehmer aus unterschiedlichsten Geschäftsfeldern, wie gehen Sie die gemeinsamen zwei Tage an?
„Das Schöne an diesen kleinen Teams ist ja, dass wir sehr interaktiv arbeiten können und einen qualitativ hohen Mix aus Theorie und Praxis einbringen können. Die Teilnehmer gehen mit wirklichen Hand-On-Tipps wieder raus, das ist in größeren Gruppen nicht möglich. Bei diesem Seminar ging es zum einen um eine neue Akquisition im Ausland, die markentechnisch in das Unternehmen integriert werden sollte. Wir haben diesen Fall sehr praxisnah bearbeiten können, der Teilnehmer wird die Ideen nun der Geschäftsführung vorstellen. Im zweiten Fall ging es um die Diskussion 'Leitbild versus Marke'. Dies war eine klassische Fragestellung, die wir mit Praxisbeispielen untermauern konnten.“
Welche Marke hat Sie persönlich in letzter Zeit beeindruckt?
„Es gibt Marken, die mich durchaus beeindrucken. Die GAFA-Gang zähle ich jedenfalls dazu. Alle vier Marken haben sich durch ihre Usability in die Herzen der Nutzer gebrannt. Doch auch viele andere Marken sind beeindruckend, wie z.B. noch immer BMW, mit seinem Claim Freude am Fahren. Deshalb fahre ich auch einen.“
Ist Markenmanagement eigentlich immer dasselbe, egal für welche Branche?
„In der Theorie, ja, da geht es immer um Methoden, die man auf alle Unternehmen anwenden kann, zumindest im B2B-Bereich. Dennoch muss jedes Unternehmen die Einzigartigkeit seiner Positionierung selbst bestimmen.“
2016 gaben Sie gemeinsam mit Michael René Weber der Service Today ein Interview über Markensteuerung, Markenwelten und Digitalisierung. Was hat sich seitdem geändert?
„Zu diesem Thema
habe ich vor kurzem 5 Thesen aufgestellt.
- Markenführung wird komplexer und Markenzukunft scheint immer weniger planbar.
- Die Plattformmarken (GAFA) verändern die Spielregen des Markenmanagements grundlegend. Usability geht vor Image.
- Echtzeit-Content-Marketing und authentische Influencer entscheiden über den Erfolg und die wahrgenommene Relevanz einer Marke im digitalen Zeitalter.
- Neue digitale Technologien (wie Virtual Reality) sind die Schnellstraße in der Vorstellungswelt der Kunden. Die Verbindung der Markenbotschaften mit emotionaler Kognition wird verstärkt.
- Erfolgreiche Marken nehmen ihre Mitarbeiter mit auf die digitale Reise, wie z.B. Google.“
Sie werden im November nochmals das Seminar „Brand Management“ an der MA in Hamburg führen? Auf welche Art von Teilnehmern freuen Sie sich besonders?
„Diejenigen, die etwas gestalten wollen, die ihre Marke nach vorn bringen wollen und die vielleicht im Unternehmen selbst noch ohne Rückendeckung sind und intern überzeugen müssen – das sind die schönen Begegnungen. Markenmanagement ist stratisches Wachstum nicht nur Dinge wie Design, CI oder ähnliches. Es geht um eine klare Positionierung, die die Spitzenleistungen einer Marke stärkt und weiter ausbaut.“
Jörg Ahrens, Marketing und Kommunikation / Brand Management bei der Bohle AG über seine Sicht als Teilnehmer...
... Herr Ahrens, Sie waren Teilnehmer des Seminars mit Herrn Prof. Dr. Horstmann. Warum gerade Brand Management?
„Ich verantworte bei der Bohle Group in der Kommunikation und dem Marketing das Brand Management. Aus aktuellem Anlass benötigte ich ein Auffrischung zu dem Thema Brand Management, so dass es sehr gut gepasst hat.“
Welche konkrete Aufgabe haben Sie in das Seminar mitgebracht? Und welches Ergebnis konnten Sie mitnehmen?
„Es geht bei uns um die Einordnung eines Subbrands sowie die Integration einer neu zugekauften Marke in den USA. Ich habe mit Herrn Prof. Dr. Horstmann ein Konzept erarbeiten können, dass ich nun der Geschäftsführung vorstellen werde. Nach Absprache mit den betroffenen Bereichen und Niederlassungen werden wir die Tools Schritt für Schritt ein- und umsetzen können.“
Welche Herausforderungen sehen Sie in Zukunft in Bezug auf Markenführung?
„Konkret geht es in unserem Unternehmen um die Stärkung der Hauptmarke durch den visuellen Wegfall der „Untermarken“. Desweiteren müssen die Markenwerte neu ausgearbeitet und definiert werden, um auch neue Märkte zu erschließen.“
Ein Wort zum Seminar-Dozenten Prof. Dr. Rembert Horstmann?
„Prof. Dr. Horstmann kann mit viel Erfahrung zum Thema Brand Management und Marketing aufwarten. Durch konkrete Beispiele aus der Praxis konnte er die Thematik anschaulich vermitteln. Die lockere Atmosphäre im Seminar und die effektive Zusammenarbeit werden mir positiv in Erinnerung bleiben.“